Obwohl es sich für viele Menschen wie ein absoluter Albtraum anhört, ist Eisbaden in den letzten Jahren zu einem beliebten Trend unter Fitnessenthusiasten geworden. Spätesten durch den Extremsportler Wim Hof ist das Baden im kalten Wasser im Mainstream angekommen.
In diesem Artikel erfährst du alles Wissenswerte rund um das Thema Eisbaden und wie es dir helfen kann, deine Energie, Konzentration, Stimmung und Resilienz zu steigern und wie du mit dem Eisbad anfangen kannst.
Was du in diesem Artikel lernst
- Die Vorteile und Risiken des Eisbadens
- Was du bei einem Eisbad beachten musst
- Wie du mit einem wissenschaftlich fundierten Protokoll starten kannst
Was ist Eisbaden?
Eisbaden ist eine Methode der Kälteexposition, bei der man einige Zeit in eisigem Wasser verbringt. Das kann man eine Badewanne mit Eiswürfeln, einen See im Winter oder einen sogenannten Cold Plunge nutzen. Die Praxis kann verschiedene Vorteile für die körperliche und geistige Gesundheit bieten, wie beispielsweise die Verbesserung von Energie, Fokus, Stimmung und Resilienz. Wissenschaftliche Studien haben gezeigt, dass Eisbaden zur Freisetzung von Neurotransmittern wie Dopamin und Noradrenalin führt, die eine positive Wirkung auf das Wohlbefinden haben können.
Geschichte und Tradition des Eisbadens
Das Eisbaden hat eine lange Tradition in verschiedenen Kulturen und ist tief in der Geschichte der Welt verwurzelt. In Russland ist das Eisbaden ein wichtiger Bestandteil der orthodoxen Religion und wird oft am 6. Januar, dem Tag der Epiphanie, praktiziert. In Skandinavien haben die Menschen seit Jahrhunderten in eisigen Gewässern gebadet und auch in der japanischen Kultur ist das Eisbaden, genannt “Misogi”, ein wichtiger ritueller Bestandteil zur Reinigung von Körper und Geist.
Die Vorteile des Kältetrainings
Eisbaden erfreut sich wachsender Beliebtheit und du fragst dich sicherlich, was mit den Menschen los ist. Die Praxis bringt jedoch zahlreiche gesundheitsfördernde Aspekte mit sich, die sowohl Körper als auch Geist positiv beeinflussen. In diesem Abschnitt erfährst du mehr über die beeindruckenden Vorteile des Eisbadens und wie sie dein Wohlbefinden auf verschiedenen Ebenen steigern können.
Mehr Energie und Fokus
Eisbaden führt zu einer erhöhten Ausschüttung von Adrenalin und Noradrenalin im Gehirn und Körper. Diese Neurotransmitter machen uns wach und können während der Kälteexposition für Unruhe sorgen. Nach dem Eisbaden bleiben ihre Spiegel jedoch für einige Zeit erhöht und sorgt somit für mehr Energie und Fokus. Das kannst du für andere mentale oder körperliche Aktivitäten nutzen.
Resilienz und Durchhaltevermögen stärken
Indem du dich bewusst der Kälte und tiefen Temperaturen aussetzt und sie als selbstgewählte Herausforderung annimmst, kontrollierst du tiefere Gehirnzentren, die für reflexartige Reaktionen zuständig sind. Dieser Prozess, der auf dem sogenannten “Top-Down-Prinzip” beruht, stärkt deine Resilienz und dein Durchhaltevermögen. Dadurch trainierst du die Fähigkeit, auch in stressigen Alltagssituationen zurechtzukommen.
Stimmung verbessern
Studien haben gezeigt, dass sich beim Eisbaden die Ausschüttung von Dopamin um bis zu 250% steigert. Dieser Anstieg kann auch noch Stunden später festgestellt werden. Die Ausschüttung von Dopamin, die während des Eisbadens stattfindet, kann zu einer verbesserten Stimmung, erhöhter Konzentration, Aufmerksamkeit und zielgerichtetem Verhalten führen. Selbst kurze Kälteexpositionen können zu einem anhaltenden Dopaminanstieg und länger anhaltender Verbesserung von Stimmung, Energie und Fokus führen.
Stoffwechsel ankurbeln
Kurzfristig erhöht Eisbaden den Stoffwechsel, da der Körper Kalorien verbrennen muss, um die Kerntemperatur zu erhöhen. Durch die Kälte wird die Umwandlung von weissem Fett (Energiespeicher) zu braunem Fett (hoch metabolisch aktiv) stimuliert. Dies kann dazu beitragen, dass du dich wohler in Kälte fühlst und den Stoffwechsel weiter anregst.
Stärkung des Immun- und Herz-Kreislaufsystems
Das Eisbaden hat positive Auswirkungen auf das Herz-Kreislaufsystem. Die plötzliche Kälteexposition führt zu einer schnellen Anpassung des Körpers, bei der sich die Blutgefäße zunächst zusammenziehen und später wieder erweitern. Dieser Wechsel fördert die Flexibilität der Blutgefäße und verbessert die Durchblutung. Das Ergebnis ist eine bessere Sauerstoff- und Nährstoffversorgung der Organe und Muskeln, was zu einer gesteigerten kardiovaskulären Effizienz führt.
Auch auf das Immunsystem wirkt sich die Kälteexposition positiv aus. Das Eisbad stellt einen Stressreiz für den Körper dar, der die Produktion von weißen Blutkörperchen ankurbelt. Diese Immunzellen sind für die Abwehr von Infektionen und Krankheitserregern unerlässlich. Studien haben gezeigt, dass Menschen, die regelmäßig Eisbäder nehmen, eine erhöhte Anzahl von weißen Blutkörperchen aufweisen, was auf ein gestärktes Immunsystem hindeutet. Darüber hinaus wirkt die Freisetzung von Noradrenalin entzündungshemmend und trägt somit zu einer besseren allgemeinen Gesundheit und Widerstandsfähigkeit gegen Krankheiten bei.

Was sind die Risiken des Eisbadens?
Nachdem ich dir die ganzen Vorteile der Kälteexposition genannt habe, möchte ich natürlich die Risiken des Kältetrainings nicht vorenthalten:
- Kälteschock: Das plötzliche Eintauchen in kaltes Wasser kann zu einem Kälteschock führen, der Atemnot, Herzrasen, erhöhten Blutdruck und in extremen Fällen sogar zu Herzinfarkt oder Ertrinken führen kann.
- Unterkühlung: Bei längeren Eisbädern oder wiederholter Kälteexposition besteht die Gefahr der Unterkühlung, bei der die Körpertemperatur gefährlich absinkt. Unterkühlung kann lebensbedrohlich sein und erfordert sofortige medizinische Behandlung.
- Raynaud-Phänomen: Personen mit Raynaud-Phänomen, einer Durchblutungsstörung, bei der die Blutgefäße in den Fingern und Zehen übermäßig auf Kälte reagieren, sollten Eisbäder vermeiden. Die Kälteexposition kann zu schmerzhaften Anfällen und langfristigen Schäden führen.
- Herz-Kreislauf-Probleme: Personen mit bestehenden Herz-Kreislauf-Erkrankungen sollten vor dem Eisbaden Rücksprache mit ihrem Arzt halten, da die plötzliche Kälteexposition zusätzlichen Stress auf das Herz ausüben kann.
Um die Risiken zu minimieren, solltest du dich langsam an die Kälte gewöhnen und unbedingt auf die Signale deines Körpers achten. Solltest du gesundheitlich vorbelastet sein, empfehle ich dir, immer deinen Arzt konsultieren, bevor du ins kalte Wasser steigst.
Was muss ich beim Eisbaden beachten?
Nachdem du nun alle Vorteile und Risiken des Eisbadens kennst, fragst du dich bestimmt, wie du mit dem Baden im kalten Wasser starten kannst. Zunächst einmal möchte ich dir einige Sachen näherbringen, die du unbedingt beachten solltest.
Sicherheit zuerst
Bevor du dich in das eiskalte Wasser stürzt, beachte unbedingt folgende Sicherheitshinweise:
- Begib dich niemals in gefährliche Gewässer.
- Vermeide bewusstes Hyperventilieren vor oder während des Eisbadens.
- Fange langsam an, mit höheren Temperaturen und arbeite dich langsam zu kälteren vor, um Kälteschocks zu vermeiden.
Wie kalt sollte das Wasser sein?
Das ist eine sehr individuelle Frage, da jeder Mensch Kälte unterschiedlich gut toleriert. Du solltest eine Temperatur wählen, bei der du denkst: “Das ist wirklich kalt, und ich möchte raus, ABER ich kann sicher drin bleiben.” Für manche mag das 15 °C sein, für andere vielleicht 7 °C.
Je kälter das Wasser, desto kürzer kann die Dauer der Kälteexposition sein. Studien zeigen, dass schon 20 Sekunden in sehr kaltem Wasser (~4 °C) ausreichen, um den Adrenalinspiegel zu erhöhen. Mit der Zeit wirst du dich an das Eisbaden gewöhnen und kannst ohne Probleme in tiefere Temperaturen eintauchen.
Eisbad, kalte Dusche oder Kryotherapie?
Die meisten Studien verwenden Eisbäder oder Kaltwasser-Tauchbäder bis zum Hals. Kalte Duschen können ebenfalls wirksam sein und sind für die meisten Menschen leichter zugänglich. Eine Kältekammer ist vergleichsweise teuer, schwerer zugänglich, unterliegt nicht so vielen Variationsmöglichkeiten und bietet nicht so viele Vorteile, wie das Eisbaden.
So startest du mit dem Eisbaden – Ein einfaches, wissenschaftlich fundiertes Protokoll
Wie lange und wie häufig sollte ich Eisbaden
Laut einer der führenden Wissenschaftlerin auf dem Gebiet, Dr. Susanna Søberg, reichen insgesamt 11 Minuten Kälteexposition pro Woche, um die genannten Vorteile zu erhalten. Diese 11 Minuten musst du nicht in einer Sitzung durchhalten, sondern verteilt auf 2-4 Sitzungen von jeweils 1-5 Minuten. Wie bereits erwähnt, sollte das Wasser unangenehm kalt, aber sicher sein. Du kannst auch länger im kalten Wasser bleiben, jedoch kannst du dich an diesen 11 Minuten orientieren, um die positiven Effekte des Eisbadens zu erhalten. All das sowie die ganzen von mir genannten Vorteile erklärt sie in ihrem Instagram-Video hier.
Das Søeberg-Prinzip: Zittern kann helfen
Ein weiteres Prinzip der Expertin für Kälteexposition ist, dass du deinem Körper nach dem Eisbaden ermöglichen solltest, sich auf natürliche Weise wieder aufzuwärmen – das heißt, ohne Hilfe von Wärmequellen. Zittern kann dabei helfen, den Stoffwechsel weiter anzukurbeln. Versuche also, nach dem Eisbaden nicht sofort ins Warme zu gehen oder dich abzutrocknen.
Was muss ich beachten, wenn ich Sport mache
Eisbaden kann nach intensivem Training oder Ausdauersport eine hervorragende Regenerationsmethode sein. Allerdings zeigen Studien, dass durch das Eisbaden der Muskelaufbau beeinträchtigt wird. Somit solltest du Eisbaden nicht unmittelbar nach dem Training durchführt. Am besten wartest du mindestens 6 bis 8 Stunden oder am besten einen Tag, bevor du dich in die Kälte begibst, besonders, wenn Hypertrophie dein Trainingsziel ist.
Tageszeit: Wann ist der beste Zeitpunkt für ein Eisbad?
Da sich nach einem Kältebad die Körpertemperatur erhöht, empfiehlt es sich, diese Methode eher am frühen Tag und nicht zu nah an der Schlafenszeit durchzuführen, da es sich ansonsten auf deinen Schlaf auswirken kann. Achte darauf, wie dein Schlaf durch das Eisbaden beeinflusst wird und passen den Zeitpunkt entsprechend an.
Meine persönlichen Erfahrungen und Fazit
Ich bin das erste Mal vor etwa fünf Jahren mit dem Eisbaden in Berührung gekommen und seitdem ist eine richtige Hassliebe zwischen entstanden. Jedes Mal, bevor ich in die kalte Dusche steige oder im Winter in den See springe oder das Eisbecken nutze, denke ich mir, mach das bloss nicht und wiederum, wenn ich rauskomme, empfinde ich nichts mehr als absolute Zufriedenheit. Mittlerweile vergeht kein Morgen, der nicht mit einer kalten Dusche startet. Was im Sommer sehr angenehm ist, kann im Winter eine Herausforderung sein. Jedoch bin ich froh, diese jeden Tag meistern zu müssen und möchte ich das Ganze nie wieder missen.
Eisbaden ist mehr als nur ein Trend und bietet eine Menge gesundheitliche Vorteile, jedoch nur, wenn dein Körper dazu imstande ist und du weißt, was du tust. Ich kann jedoch jeden nur den Sprung ins Kalte empfehlen, sei es nur für 10 Sekunden, um seine eigenen Grenzen auszutesten. Solltest du professionelle Unterstützung bei der Planung deines Eisbads benötigen, stehe ich dir immer mit einem Personal Training oder Online Coaching zur Seite.
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Wie oft sollte ich Eisbaden?
Um alle Vorteile des Eisbadens zu erhalten, empfiehlt es sich, 2-4 Sitzungen pro Woche durchzuführen, mit einer Gesamtdauer von 11 Minuten.
Welche Wassertemperatur ist ideal für das Eisbaden?
Die ideale Wassertemperatur variiert von Person zu Person. Achte darauf, dass das Wasser kalt genug ist, um eine Herausforderung darzustellen, aber sicher bleibt. Für manche ist das bei 15°C, für andere bei 7°C.
Ist Eisbaden gefährlich?
Eisbaden ist richtiger Durchführung und unter Beachtung der Sicherheitsvorkehrungen sicher sein. Es ist wichtig, dass du langsam anfängst, die richtige Wassertemperatur wählst und auf deinen Körper hörst. Bei gesundheitlichen Bedenken oder Unsicherheiten solltest du immer vorher einen Arzt konsultieren.
Kann Eisbaden beim Abnehmen helfen?
Obwohl das Eisbaden kurzfristig den Stoffwechsel ankurbelt, verbrennst du dabei nicht so viele Kalorien, dass es einen großen Einfluss auf das Abnehmen hätte. Die Umwandlung von weissem zu braunem Fett kann jedoch helfen, die Kälte besser auszuhalten.
Quellen:
- Allan et al. – Cold for centuries: a brief history of cryotherapies to improve health, injury and post-exercise recovery
- Moore et al. – Impact of Cold-Water Immersion Compared with Passive Recovery Following a Single Bout of Strenuous Exercise on Athletic Performance in Physically Active Participants: A Systematic Review with Meta-analysis and Meta-regression
- Søberg et al. – Altered brown fat thermoregulation and enhanced cold-induced thermogenesis in young, healthy, winter-swimming men
- Huberman Lab – Using Deliberate Cold Exposure for Health and Performance
Foto von Mika Ruusunen auf Unsplash